Appenzellergranit-Leitniveau

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Darstellung und Status

Index
m4A
Farbe CMYK
(0%,12%,18%,4%)
Farbe RGB
R: 245 G: 215 B: 200
Rang
lithostratigraphische Bank
Gebrauch
Element ist in Gebrauch
Status
informeller Begriff
Diskussion des Status

Nomenklatur

Deutsch
Appenzellergranit-Leitniveau
Français
Niveau repère de l'Appenzellergranit
Italiano
Livello rettore dell'Appenzellergranit
English
Appenzellergranit marker level
Herkunft des Namens

Appenzell (AI)

Historische Varianten

Hüllistein-Leitniveau (Escher von der Linth & Mousson 1862), Appenzeller Granit (Tanner 1944), Niveau des «Appenzeller Granites» = Hauptleitniveau (HLN) der OSM (Pavoni 1957), «Appenzellergranit» (Büchi 1960), Appenzellergranit-Leitniveau = Meilener Kalk (Gubler 1987), Hüllistein horizon = «Appenzellergranit» (Kälin & Kempf 2009).

Nomenklatorische Bemerkungen

Der ältere, etwas irreführende und trotzdem eingebürgerte Name des «Appenzellergranit»-Leitniveaus bezieht sich auf dessen hohe Festigkeit und somit auf die Eignung des Gesteins als Baustein.

Beschreibung

Beschreibung

„Das Leitniveau besteht, ähnlich wie die übrigen Sedimentgesteine der Hörnli-Schüttung, aus Konglomerat, Sandstein und Kalk, jedoch unterscheiden sich diese in diversen Punkten von der «normalen» Hörnlinagelfluh-Fazies (Bürgisser 1980). Die Gesteine des Leitniveaus zeichnen sich aus durch: eine hohe Festigkeit durch kalkiges Bindemittel (Zementierung mit Kalkschlamm), Geröllspektren, bei denen dunkle Kalke und Dolomite (obere Trias der ostalpinen Decken) dominieren (Fig. 9), Flysch-, Quarz- und Kristallinkomponenten jedoch weitgehend fehlen, matrixgestützte, z.T. feinkörnige Konglomerate und Feinbrekzien, eckige Karbonatkomponenten, Gradierung sowie gebankte laminierte Kalke (Kalkarenite/-lutite)." [Löpfe et al. 2012 S.34]

„Dieser einmalige und wichtigste, auf die Verschwemmung von Material eines alpinen Bergsturzes zurückzuführende Leithorizont innerhalb der OSM des Hörnli-Schuttfächers ist im Untersuchungsgebiet an verschiedenen Lokalitäten gut aufgeschlossen. Eine ausführliche Monographie dieses Niveaus hat Bürgisser (1980) erstellt. Das «Appenzellergranit»-Leitniveau besteht im Untersuchungs­perimeter aus einer 2 - 3 m dicken gebankten Schicht aus graubeigem Kalksilt­stein bis siltigem Kalkfeinsandstein, dem sogenannten Meilener Kalk (MK). Die konglomeratische Ausbildung (Hüllistein-Konglomerat) findet sich in diesem distalen Bereich des Hörnlischuttfächers nur an einer Lokalität im Sihltal bei der Station Sihlbrugg (Pavoni 1957, S.209).“ [Gubler 2009 S.19]

Geomorphologie
Aufgrund der hohen Festigkeit bildet das «Appenzellergranit»-Leitniveau teilweise Schichtstufen und kleine Wasserfälle.
Mächtigkeit
max. 8 m (Löpfe et al. 2012)

Komponenten

Fossilien

Fossilfrei.

Hierarchie und Abfolge

Übergeordnete Einheit
Hangendes
Untergrenze

Die Obergrenze der OSM I liegt beim «Appenzellergranit»-Leithorizont, sodass die Basis des «Appenzellergranit»-Leitniveaus als Basis der OSM II betrachtet wird und zur Unterteilung der OSM in OSM I und OSM II dient.

Stratigraphische Diskussion

OSM-II ; Bürgisser (1980) unterscheidet anhand von zahlreichen Profilaufnahmen vier Fazies des «Appenzellergranit»-Leitniveaus, die sich lateral überlagern und als lithostratigraphische Einheiten nach ihrer geographischen Verbreitung (Abbaugebiete) benannt werden. Von SW nach NE sind dies der Meilener Kalk, das Hüllistein-Konglomerat, das Degersheim-Konglomerat (besser: Degersheim-Brekzie, Habicht 1987) und das Abtwil-Konglomerat.

Über das gesamte Verbreitungsgebiet kann das Leitniveau infolge Erosion teilweise oder ganz durch bunte Nagelfluh der «normalen» Hörnli-Schüttung ersetzt sein.

Alter

Alter Top
  • Langhien
Alter Basis
  • Langhien
Datierungsmethode

Das fossilfreie «Appenzellergranit»-Leitniveau stellt einen isochronen Leithorizont dar, der als Grenze zwischen OSM I (Burdigalien) und OSM II (Langhien–Serravallien) dient. Kempf et al. (1999) zogen diese Grenze jedoch noch etwas höher. Anhand von Kleinsäugerfundstellen im unmittelbar Liegenden bei Hüllistein und beim Martinsbrünneli (Bürgisser et al. 1983, Atlasblatt Stäfa) konnte das «Appenzellergranit»-Leitniveau biostratigraphisch datiert werden. Die beiden Faunen liegen im mittleren MN 5 (Kälin & Kempf 2009), das magnetostratigraphisch ermittelte Alter liegt bei ca. 16 Ma (Langhien, Kempf et al. 1997, Kempf & Matter 1999).

Fundstelle Aabach 3, Käpfnach bei Horgen (689575/232800): Aus dunkelgrauem, sandigem Schlammstein direkt im Liegenden des Meilener Kalkes (bzw. «Appenzellergranit»-Leitniveau) konnten diverse Kleinsäugerzähne isoliert werden, die dem mittleren MN5 zugeornet wurden (Bolliger 1998, Kälin & Kempf 2009).

Geografie

Geographische Verbreitung
Vom SE-Rand des Molassetroges (Feldbach–Wädenswil) bis zur Lägern hin (Greppe).

Paläogeografie und Tektonik

  • OSM-II
  • Obere Süsswassermolasse
  • Molasse
Paläogeografie
Nordalpines Vorlandbecken
Herkunftstyp
  • sedimentär
Bildungsbedingungen

Das «Appenzellergranit»-Leitniveau stellt einen isochronen Leithorizont im proximalen Hörnli-Schuttfächer dar, der einem einmaligen Ereignis zugeordnet wird (Büchi & Welti 1950, Pavoni 1956, Hottinger et al. 1970, Bürgisser 1980). Während Büchi & Welti (1950) davon ausgingen, dass das Degersheim-Konglomerat und der Meilener Kalk sowie Teile des Hüllistein- und des Abtwil-Konglomerats das Resultat eines einzelnen, katastrophalen Murgangs infolge Auslaufens eines durch einen Bergsturz gestauten inneralpinen Sees war, postuliert Bürgisser (1980) mehrere kurz aufeinander folgende Murgänge (Schlammströme), die infolge Weitertransports des feinkörnigen Materials aus einem Bergsturz am damaligen Alpenrand entstanden. Dabei war das Ablagerungsmilieu teils terrestrisch, teils lakustrisch. Beim Abtwil-Konglomerat handelt es sich demnach um ein fluviatiles Rinnensediment mit einem Anteil an aufgearbeitetem Bergsturzmaterial. Das Hüllistein-Konglomerat besteht ebenfalls aus einem durch Flusstransport aufgearbeiteten Bergsturzmaterial, wurde jedoch hauptsächlich lakustrisch abgelagert, und zwar in mehreren Phasen während und nach der Ablagerung des Meilener Kalkes. Das Material des in einem ausgedehnten See sedimentierten Meilener Kalkes besteht aus feinem, detritischem Schlamm (Kalkarenit bis -lutit), welches dem Material der Matrix des Degersheim-Konglomerates ähnlich ist.

Metamorphose
unmetamorph

Referenzen

Erstdefinition
Pavoni Nazario (1957) : Geologie der Zürcher Molasse zwischen Albiskamm und Pfannenstiel. Vjschr. natf. Ges. Zürich 102, 117

S.252: 1. Das Niveau des «Appenzeller Granites« (Hüllisteiner Nagelfluh, Meilener Kalk, Meilener Sandstein) Wegen seiner grossen Ausdehnung in der OSM der Ostschweiz und in der Zürcher Molasse (s. Tafel V) möchte ich es als das «Hauptleitniveau» (HLN) der OSM im Bereich der Hörnlischüttung bezeichnen. Von Abtwil bei St. Gallen bis nach Feldbach am oberen Zürichsee, somit auf eine Erstreckung von 50 km, ist das Niveau vorwiegend durch die Hüllisteiner Nagelfluh charakterisiert, einen Nagelfluhhorizont, der durch seine dunkelgraue bis schwarze Farbe und seine Zähigkeit («Appenzeller Granit») schon früh auffiel und in der genannten Ausdehnung bereits von A. ESCHER VON DER LINDT und A. Mousson (1862) beschrieben worden ist. Eine weitere Merkwürdigkeit dieses Horizontes ist das Vorkommen von Brekzien im zentralen Teil des Hörnlifächers (J. J. FRÜH, 1888; H. TANNER, 1944) . Neuerdings wurde dieser Horizont von U. HÜ und G. WELTI (1950) beschrieben. Durch Annahme eines verschwemmten, gewaltigen inneralpinen Bergsturzes versuchen diese beiden Autoren eine plausible Erklärung für die Einheitlichkeit des Materials der Hüllisteiner Nagelfluh zu geben. Die Ursache für die weite Verschwemmung im Vorland draussen und die ausgezeichnete Verkittung der Nagelfluh ist nach unserer Auffassung darin zu suchen, dass ihre Schüttung in einen mehr als 1500 km2 grossen Flachsee erfolgte (N. PAVONI, 1956b). Eine Zweiphasigkeit der Schüttung besteht nach unserer Auffassung nicht. Ebensogut könnte dann eine Vielphasigkeit angenommen werden.

Wichtige Publikationen
Pavoni Nazario (1957) : Geologie der Zürcher Molasse zwischen Albiskamm und Pfannenstiel. Vjschr. natf. Ges. Zürich 102, 117
von Moos A. (1946) : Die Kohlebohrungen von Sihlbrugg (Kt. Zürich) und die Molassestrukturen um Zürich. Eclogae geol. Helv. 39
Bürgisser Heinz Martin (1984) : A unique mass flow marker bed in a miocene streamflow molasse sequence, Switzerland. In: KOSTER, E. H. & STEEL, R. J. (Eds.): Sedimento logy of Gravels and Conglomerates, Canadian Society of Petroleum Geologists, Memoir, 10: 147-163
Bürgisser Heinz Martin (1981) : Fazies und Paläohydrologie der Oberen Süsswassermolasse im Hörnli-Fächer (Nordostschweiz). Eclogae geol. Helv. 74/1, 19-28
Kälin Daniel, Kempf Oliver (2009) : High-resolution stratigraphy from the continental record of the Middle Miocene Northern Alpine Foreland Basin of Switzerland. N. Jb. Geol. Paläont. Abh. 254/1-2, 177-235

Material und Varia

Bilder
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  • Degersheim-Konglomerat

    Name Origin

    Degersheim (SG)

    Rang
    lithostratigraphische Bank
    Status
    lokaler Begriff (informell)
    Gültiger Begriff
    Appenzellergranit-Leitniveau
    Kurzbeschreibung
    Konglomeratische Ausbildung des «Appenzellergranit»-Leitniveaus im Hörnli-Schuttfächer: Nagelfluh und grobe bis feine Brekzie mit weisslichem, hartem, kalkigem Bindemittel, sowie Kalk mit eingestreuten, feinbrekziösen, dunklen Komponenten.
    Age
    Langhien
  • Abtwil-Konglomerat

    Name Origin

    Abtwil (SG)

    Rang
    lithostratigraphische Bank
    Status
    lokaler Begriff (informell)
    Kurzbeschreibung
    Konglomeratische Ausbildung des «Appenzellergranit»-Leitniveaus (Basisbank der OSM-II).
    Age
    Langhien
  • Meilen-Kalk

    Name Origin

    Meilen (ZH)

    Rang
    lithostratigraphische Bank
    Status
    lokaler Begriff (informell)
    Kurzbeschreibung

    Gebankte Schicht bestehend aus graubeigem Kalksiltstein bis siltigem Kalksandstein bzw. hellgrauem, laminiertem Kalk (Kalkarenit/-lutit).

    Age
    Langhien
  • Hüllistein-Konglomerat

    Name Origin

    Hüllistein bei Rüti (ZH)

    Rang
    lithostratigraphische Bank
    Status
    lokaler Begriff (informell)
    Gültiger Begriff
    Appenzellergranit-Leitniveau
    Kurzbeschreibung

    Konglomeratische Ausbildung des «Appenzellergranit»-Leitniveaus bestehend aus einer dunkelgrauen, zähen, schwarzen, im allgemeinen feinkörnigen Kalk-Dolomit-Nagelfluh, welche in Stromrinnen vorkommt. Lokal mit Brekzien-Vorkommen im zentralen Teil des Hörnlifächers.

    Age
    Langhien
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