Nisellas-Gruppe

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Darstellung und Status

Farbe CMYK
(0%,13%,29%,25%)
Farbe RGB
R: 190 G: 165 B: 135
Rang
lithostratigraphische Gruppe
Gebrauch
Element ist in Gebrauch
Status
informeller Begriff
SKS-Notiz

Entsprechend den Regeln zur Nomenklatur von lithostratigraphischen Einheiten wurden die Tumpriv-, Nisellas- und Obrist-Serie von Rück & Schreurs (1995) in der Kartenlegende neu als Gruppen bezeichnet, da diese mehrere formationsähnliche lithostratigraphische Einheiten einer Sedimentationsabfolge zusammenfassen. (Wyss & Wiederkehr 2017 S.31)

Nomenklatur

Deutsch
Nisellas-Gruppe
Français
Groupe de Nisellas
Italiano
Gruppo di Nisellas
English
Nisellas Group
Herkunft des Namens

Nisellas (GR), Bahntunnel südlich von Alvaschein

Historische Varianten

Dogger-Zone (Jäckli 1941), Tonige Kalkschiefer mit Bänken von Tiefenkastelerbreccie (Jäckli unpubl.), Nisellas-Serie (Schmid 1965, Rück & Schreurs 1995), série de Nisellas (Trümpy 1970), Viamala-Schyn-Schiefer [sic] (Bl. Filisur), Tonschiefer (Wyss & Isler 2007), Nisellas-Gruppe (Wyss & Wiederkehr 2017)

Nomenklatorische Bemerkungen

Entspricht der «Dogger-Zone» von Jäckli (1941).

Beschreibung

Beschreibung

Sehr heterogene, grausilberne bis dunkle Serie aus kalkigen Tonen und Mergeln bzw. Kalk-Phylliten, in die sich im dm-Bereich gebankte karbonatische Feinbrekzien und Arenite, polymikte Grobbrekzien, dunkle, tonige Kalke sowie feinkörnige Arkosen und Sandsteine einschalten. Kalk- und Brekzienbänke treten boudiniert und isoklinal verfaltet auf. Klasten von Brekzien im oberen Teil der Abfolge umfassen kalzitische und dolomitische Bruchstücke, detritische Quarzpartikel sowie kristalline Taspinit-Komponenten (Vizan-Brekzie).

Mächtigkeit
100-200 m, kann aber lokal tektonisch auf wenige Meter ausgedünnt sein.

Komponenten

Mineralien
  • Orthoklas
  • Chlorit
  • Kalzit
  • Dolomit
  • Quarz
  • Limonit
  • Muskovit
  • Epidot

Nur im oberen Abschnitt der Serie stösst man auf meist feinbankige, gradierte, grün anwitternde Arkose- und Sandsteinniveaus. Im Dünnschliff sind Quarz, mikroperthitischer Orthoklas, Muskovit, Chlorit, Kalzit, Dolomit und in seltenen Fällen etwas Epidot zu erkennen. Die Quarzkörner sind oft sehr gut gerundet, die Feldspäte können vollständig fehlen. Muskovit und Chlorit bilden mit mikrokristallinem Quarz eine feine Grundmasse. Kalzit (bis 5%) tritt als Bindemittel auf; Dolomit erscheint als schöne rhomboedrische Einkristalle, die teils Skeletthabitus zeigen, teils stark angelöst sind. Häufig sind die Rhomboeder von limonitischen und hämatitischen Säumen umgeben.

Fossilien
  • Schwämme
  • Echinodermen
  • Algen

In dunklen, tonigen Kalkbänken ist ausser einigen Schwammnadeln im Dünnschliff nichts zu erkennen. Dank der hohen Kompetenz, zeigen dolomitische Gesteinsbruchstücke in Brekzien eine erhalten gebliebene Mikrofazies. Man erkennt u.a. Biomikrite, Oosparite, Algenlaminite und Onkoidbruchstücke. In kalzitischen Bruchstücken erkennt man nur selten Echinodermenfragmente.

Hierarchie und Abfolge

Obergrenze

Gradueller Übergang der Nisellas-Serie in die Obrist-Serie. Diese jüngere Fortsetzung der Abfolge fehlt an vielen Orten durch Abscherung der sehr inkompetenten Nisellas-Serie.

Untergrenze

Die Nisellas-Serie geht graduell aus den liasischen Kalken (Kalk und Kalkschiefer-Member) hervor.

Stratigraphische Diskussion

Im oberen Teil der Nisellas-Abfolge tauchen in den Brekzien die ersten Kristallinkomponenten (grobkörniger, grünlicher «Taspinit»-Augengneis) auf. Grobbrekzien mit «Taspinit»-Komponenten werden als die distalen Ausläufer der Vizan-Brekzie interpretiert.

In Brekzien ist der Kompetenzkontrast zwischen Dolomit und Kalzit sehr gut zu beobachten: Während die dolomitischen Bruchstücke bei der alpinen Durchbewegung splittrig zerbrachen, wich der Kalzit dem Druck durch Drucklösung und Rekristallisation laufend aus und ermöglicht so eine plastische Deformation des Gesteins. Bei diesem Prozess ist die ursprüngliche sedimentäre Textur des kalzitischen Anteils (60-80%) der Brekzien verloren gegangen. Es stellt sich die Frage, wie in dieser kalzitischen Grundmasse das Verhältnis zwischen Phyllit-Matrix, lithischen Fragmenten und Zement war. Die makroskopischen Beobachtungen zeigen, dass auch der kalzitische Anteil zum grössten Teil aus Gesteinsfragmenten besteht, und dass die Matrix und Zement nur eine untergeordnete Rolle in Brekzien spielen.

Alter

Alter Top
  • Mittlerer Jura
Bermerkungen zu Top

Die zeitliche Obergrenze der Nisellas-Serie kann nur grob abgeschätzt werden. Das Einsetzen einer vorwiegend kalkigen Sedimentation markiert in vielen mittelpenninischen Einheiten die Dogger/Malm-Grenze. In Analogie dazu wird im Schams die Grenze zwischen den Phylliten und dem unteren Serizitmarmor als Dogger/Malm-Grenze betrachtet (Jäckli 1941).

Alter Basis
  • Mittlerer Jura
Bermerkungen zu Basis

Die Nisellas-Abfolge beginnt oberhalb der liasischen Kalke und der schwarzen Tonschiefer (= Dach der liegenden Tumpriv-Serie), die wahrscheinlich die anoxische Phase im Toarcien anzeigen (Jenkyns 1980).

Datierungsmethode

Das Alter der Nisellas-Serie konnte bis heute nicht durch Fossilfunde belegt werden. Die lokal erhaltenen graduellen Übergänge aus der liegenden Tumpriv-Serie und in die hangende Obrist-Serie zeigen, dass es sich um eine stratigraphische Abfolge handelt, die dem Dogger angehören dürfte (Jäckli 1941). Sichere Hinweise für ihr Alter fehlen jedoch.

Geografie

Geographische Verbreitung
Beverin Pintg (GR), Stürvis (GR), Tiefencastel (GR). Im Ostschams ist die Nisellas-Gruppe tektonisch stark ausgedünnt.

Paläogeografie und Tektonik

Tektonische Einheit (bzw. Überbegriff)
Herkunftstyp
  • sedimentär
Sequenz

Im Westschams liegt die Nisellas-Serie verkehrt und gelangt durch das Fehlen der Obrist-Serie (im südlichen Teil des Westschams) in direkten Kontakt zu den Serien der Adula-Bündnerschiefer. Diese Bündnerschiefer sind der Nisellas-Serie sehr ähnlich, so dass eine Trennung nur anhand von zwischengeschalteten Schürflingen des Areua-Bruschghorn-Mélanges (Platta-Decke; meist triadische Gesteine) vorgenommen werden kann. Im Ostschams ist die Nisellas-Serie tektonisch stark ausgedünnt, jedoch in normaler Lagerung, was durch Normalgradierung in grobkörnigen Niveaus angezeigt wird. In der Region um Tiefencastel tritt die Nisellas-Serie sowohl als Verkehrt- wie auch als Normalserie auf (Deckfalte). Die sehr inkompetente Nisellas-Serie diente während der alpinen Deformation als sekundärer Gleithorizont, so dass die Kontakte zu den hangenden und liegenden Serien meist tektonisch sind. Im Raum Tiefencastel muss man von einer eigentlichen Entkoppelung sprechen, da innerhalb der Nisellas-Serie Rauhwacke- und Gipshorizonte auftreten (Muttner Tobel, Tiefencastel). Diese Gesteine können nur durch grössere Überschiebungsbeträge in diese Position gelangt sein, da sie von ihrem Alter her mit dem umgebenden Gestein keine stratigraphische Abfolge mehr bilden. Die Nisellas-Serie ist beiderseits des Hinterrheins annähernd gleich ausgebildet.

Referenzen

Erstdefinition
Schmid, F. (1965) : Zur Geologie der Umgebung von Tiefencastel (Kanton Graubünden) Mitt. geol. Inst. ETH und Univ. Zürich [N.F.] 41
  • «Unterer Quarzit» (Schams)

    Rang
    lithostratigraphische Einheit
    Status
    inkorrekter Begriff (nicht mehr verwendet)
    Nomenclatorial Remarks
    Wurde z.T. mit dem «Plattensandstein» («Oberer Quarzit») verwechselt. Der eigentliche «Untere Quarzit» liegt unterhalb des «Unteren Serizitmarmor», an der Grenze zwischen Nisellas- und Obrist-Gruppe.
    Kurzbeschreibung

    Rostbraun anwitternder, im frischen Bruch graubrauner bis graugrüner, stark geklüfteter, plattiger Chlorit führender Sandstein bis Quarzsandstein an der Grenze zwischen Nisellas- und Obrist-Gruppe. Im unteren Teil ist der Quarzsandstein kalkhaltig, mit gelegentlichen Einschaltungen von Feinbrekzienlagen. Im Dach der Einheit tritt ein massiger grüner Quarzit («Ölquarzit») auf.

    Age
    Mittlerer Jura
    • «Unterer Ölquarzit» (Schams)

      Rang
      lithostratigraphische Bank
      Status
      inkorrekter Begriff (jedoch informell gebraucht)
      Kurzbeschreibung

      Massiger grüner Quarzit im Dach des «Unteren Quarzites».

  • Tonschiefer der Nisellas-Gruppe

    Rang
    petrographische Fazies
    Status
    inkorrekter Begriff (jedoch informell gebraucht)
    Kurzbeschreibung

    Grundmasse der Nisellas-Gruppe, bestehend aus dunkelgrauem bis schwarzem Tonschiefer.

    Age
    Mittlerer Jura
  • Kalkschiefer der Nisellas-Gruppe

    Rang
    petrographische Fazies
    Status
    informeller Begriff
    Kurzbeschreibung

    Sandiger Kalkschiefer bis Kalk, teilweise kieselig.

  • «Dolomit-Kalk-Brekzie» (Nisellas)

    Rang
    lithostratigraphische Einheit
    Status
    inkorrekter Begriff (jedoch informell gebraucht)
    Kurzbeschreibung

    Hellgrau bis bräunlich anwitternde, grobgebankte kalkige bis kieselige Dolomit-Kalk-Brekzie.

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