St.-Gallen-Formation

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Darstellung und Status

Index
m3
Farbe CMYK
(0%,7%,36%,14%)
Farbe RGB
R: 220 G: 205 B: 140
Rang
lithostratigraphische Formation
Gebrauch
Element ist in Gebrauch
Status
gültiger formeller Begriff

Nomenklatur

Deutsch
St.-Gallen-Formation
Français
Formation de Saint-Gall
Italiano
Formazione di San Gallo
English
St.Gallen Formation
Herkunft des Namens

St. Gallen (SG)

Historische Varianten

St. Galler Schichten (Mayer 1853, Miller 1877), Sanktgallerschichten = Mittelmiozän (Kaufmann 1872), Sanct-Galler-Schichten = Molasse marine de St Gall = Helvétien littoral (Renevier 1897), Couches de St-Gall (Rollier 1911), Helvétien (Büchi 1957), St. Galler Meeresmolasse (Eugster et al. 1960), St. Galler Formation (Keller 1989, Bitterli et al. 2011), St. Gallen-Formation (Hantke 2006), St.-Gallen-Formation (Friebe et al. 2007, Schlüchter et al. 2019), St. Gallen Formation (Jost et al. 2016)

Nomenklatorische Bemerkungen

Die Bezeichnung «St. Galler Schichten» für den oberen Teil der OMM der Ostschweiz wurde von Mayer 1853 vorgeschlagen, ihre genauere stratigraphische Abgrenzung gegen das Liegende und Hangende in der Gegend von St. Gallen stammt jedoch von Miller 1877. Kaufmann (1872: 317) braucht die Bezeichnung «Sanktgallerschichten» für seine «Rothseeschichten» der Luzerner Gegend, womit er auf deren vermutliche Altersgleichheit hinweist.

Beschreibung

Beschreibung

„Die Basis der St.-Gallen-Formation bildet häufig ein lokaler, grobkörniger, teilweise kiesiger Sandstein, gelegentlich auch ein Konglomerat, der Staffelbach-Grobsandstein (Fig.4). Die Sedimentabfolge im Hangenden bestehen aus zu­meist grauem bis beigem, weicherem und hartem, Glaukonit-führendem Sand­stein mit wenigen alpinen Geröllschnüren und oft massenhaft auftretenden, plattigen, grauen Schlammsteingeröllen. Zahlreiche graue, z.T. auch gelblich-braune Siltsteinlagen sind zwischengelagert. Selten schaltet sich auch dunkel­grauer, horizontal laminierter siltiger Feinsandstein ein. Im gröberen Sandstein befinden sich immer wieder umgelagerte, stark verwitterte inkohlte und pyriti­sierte Holzreste. Darüber folgt die gelegentlich fehlende, lokal aber auch sehr mächtige Quarzitnagelfluh, in deren unmittelbarem Liegenden vermehrt alpine Gerölle und plattige, gelbliche Schlammsteingerölle im Sandstein auf­treten. Im stratigraphisch höchsten Abschnitt der St.-Gallen-Formation (d.h. oberhalb der Quarzitnagelfluh, wo vorhanden) herrscht gelblich-brauner Sand­stein mit einzel­nen alpinen Geröllschnüren und Schlammsteingeröllen vor, der ausserdem oft grosse Mengen von Bryozoentrümmern (Moostierchen) enthält. Charakteristisch sind Knauerlagen im Sandstein. In dieser Sandsteinabfolge sind lokal limnische Sedimente eingelagert.“ [Graf et al. 2012 S.21]

„Nur in der äussersten nordwestlichsten Ecke des Atlasblattes tritt knapp noch die St. Gallen-Formation (Keller 1989) auf. Über grauen Mergeln stellt sich eine harte Gesteinsbank mit tektonisch deformierten Lamellibranchiern ein. Darüber folgen blaugrauer Sandstein, grauer sandiger Mergel, harter, grobkörniger Sandstein mit bunten Geröllchen (Grüne Granite und Quarzporphyre, Quarzite und Ophiolithe) und Trümmern von Austernschalen und zuoberst grauer Mergelsandstein, insgesamt 30 m (Profil in Kopp 1945: 7).“ [Hantke 2006 S.35]

Hauptbestandteile sind fossilreiche blaue Schiefermergel und Plattensandsteine, im Westen vermehrt Nagelfluhen und fluvioterrestrische Mergel und Kohlenflözchen.

Mächtigkeit
0 - 400 m (Habicht 1987); ca. 150 m bei St.-Gallen (Hammer 1984) ; ca. 110 m in der Tiefbohrung St.-Gallen (Naef 2015).

Komponenten

Mineralien
  • Glaukonit

Glaukonit-führend

Fossilien
  • Gastropoden
  • Spurenfossilien
  • Ostreideen
  • Mollusken
  • Foraminiferen
  • Echinoideen
  • Haizähne
  • Säugetiere
  • Bivalven
  • Charophyten
  • Bryozoan
  • Arthropoden

Kleinsäugerzähne. In den Sandsteinen der St.-Gallen-Formation gibt es im Hangenden des basalen Staffelbach-Grobsandsteins mehrere bedeutende Fossilfundstellen, die eine sehr vielfältige Selachierfauna mit mindestens 50 Hai- und gut 15 Rochenarten belegen. Es dominieren Formen, die im Staffelbach-Grobsandstein erstmals aufgetreten sind und tieferes Wasser bevorzugen. Seltene Gattungen, die noch dazu kommen, sind z.B. der Teufelsrochen (Mobula), und sogar der Walhai (Rhincodon) ist aus dem tieferen Teil der St.-Gallen-Formation nachgewiesen. Gegen die Quarzitnagelfluh im Hangenden zu werden die hochmarinen Formen wieder seltener. Vereinzelt findet man Mollusken, v.a. grosse Austern. Es treten keine Trümmer mehr von irregulären Seeigeln (Scutella sp.) auf.

Die oberen Partien der St.-Gallen-Formation sind charakterisiert durch sehr grosse Mengen von Bryozoentrümmern (Moostierchen). Selachierzähne hingegen sind selten. Häufig sind kleine Austern, oft sind auch Otolithen aus der Familie Sciaenidae zu finden, seltener hingegen Einschwemmungen von Süsswasserfischzähnen, Kleinsäugerzähnen sowie Charophyten-Oogonien.

In der küstennahen und flachmarinen St.-Gallen-Formation im Westteil des Gebietes von Atlasblatt Ricken fanden sich neben zahlreichen Mollusken (Muscheln und Schnecken) auch Hai- und Rochenzähne sowie Foraminiferen, Bryozoen, Seeigel, Krabben und Krebse. Zudem sind Spurenfossilien wie Wühlspuren, Frassgänge und Wohnbauten vielerorts zu beobachten.

Hierarchie und Abfolge

Übergeordnete Einheit
Untergrenze

Büchi (1957) definierte die Grenze zwischen dem «Burdigalien» und dem «Helvétien» lithostratigraphisch und legte die Grenze an die Basis der «Basisnagelfluh» (Quarzitnagelfluh der St.-Gallen-Formation). Keller (1989) konnte zeigen, dass am Südrand der mittelländischen Molasse die Luzern-Formation durch einen Regressionshorizont von der transgressiv darüber liegenden St.-Gallen-Formation getrennt ist. Dies zusammen mit einer aus Fischfaunen abgeleiteten Vertiefung des vollmarinen Ablagerungsraums definierte eine neue, an Paläoökologie angepasste und durch Biostratigraphie datierte Grenze zwischen Luzern- und St.-Gallen-Formation. Sie wird neu an die Basis des Staffelbach-Grobsandsteins gelegt, in dem der faunistische Umschwung erstmals auftritt.

Stratigraphische Diskussion

Im Typusgebiet wurde die St.-Gallen-Formation rein lithologisch gegliedert und orientiert sich in erster Linie an prominenten Nagelfluhbänken, sowie an der Fazies der dazwischen liegenden siltig-sandig-tonigen Abschnitte (Büchi 1955, Naef 2015).

Alter

Alter Top
  • Burdigalien
Bermerkungen zu Top

Ottnangien

Alter Basis
  • Burdigalien
Bermerkungen zu Basis

Eggenburgien/Ottnangien

Datierungsmethode

Der Grenzbereich zwischen Luzern- und St.-Gallen-Formation wurde mittels Säugetierfunden zuverlässig in MN3b datiert (Keller 1989). Die wenigen Funde von Kleinsäugerzähnen aus dem höheren Teil der St.-Gallen-Forma­tion im Gebiet der Blätter Schöftland und Langenthal sind mit MN4a oder MN4b zu datieren. Die wichtigste Fossilfundstelle aus dieser Schichtabfolge ist Dürrenäsch-Stalten (653750/241440), die mit MN4b datiert werden kann (Kälin in Graf et al. 2012).

Kleinsäugerfaunen (Berger et al. 2005a). Unter Berücksichtigung biostratigraphischer Daten (Säugerfundstellen Hubertingen und Goldinger Tobel 8) aus der hangenden bzw. liegenden USM III bis OSM I fand die Ablagerung der St.-Gallen-Formation wahrscheinlich innerhalb der Säugerzone MN 4 statt (Kempf et al. 1997). Eine radiometrische Datierung an Pectinidenschalen ergab ein Alter von rund 18,0 –18,5 Ma (B. Keller 1989, Bolliger 1992).

Geografie

Geographische Verbreitung
Grossteil des schweizerischen Molassebeckens, ursprünglicher Südrand erodiert, im Gebiet der aufgeschobenen subalpinen Molasse wahrscheinlich nicht abgelagert. Zumindest ein oberer Teil altersäquivalenter Schichten transgrediert nach NW und N über ältere Molasseschichten hinweg ins Juragebiet auf Schichten von Jura-Alter.
Typusregion
Ostschweiz / Umgebung von St.Gallen (Urnäsch, Sitter)
Typlokalität
  • St. Gallen (SG)
    Merkmale des Ortes
    • typische Fazies
    Koordinaten
    • (2746200 / 1254500)
    Notizen
    • Rutsch 1929 S.12, Habicht 1987
Typusprofil
  • Martinstobel (SG), östlich St. Gallen
    Merkmale des Ortes
    • Obergrenze
    • Untergrenze
    • typische Fazies
    Zugänglichkeit des Ortes
    • Bachprofil
    Koordinaten
    • (2750160 / 1256550)
    Notizen
    • <p>Gutzwiler &amp; Schalch 1883, Büchi 1967a, Habicht 1987, Keller 1987</p>
Referenzprofile
  • Sitter (SG), westlich St. Gallen
    Merkmale des Ortes
    • typische Fazies
    Zugänglichkeit des Ortes
    • Bachprofil
    Koordinaten
    • (2742275 / 1251820)
    Notizen
    • Gutzwiller & Schalch 1883 Tafel 1, Büchi 1960, Habicht 1987

Paläogeografie und Tektonik

  • OMM-II
Paläogeografie
Nordalpines Vorlandbecken
Tektonische Einheit (bzw. Überbegriff)
Herkunftstyp
  • sedimentär
Metamorphose
unmetamorph

Referenzen

Erstdefinition
Miller Konrad (1877) : Das Molassemeer in der Bodenseegegend. Schr. Ver. Gesch. Bodensee 7 (1875/1877), 160 S.

«Auf der alpinen Seite liegen über dem «Muschelsandstein» nochmals Meeresbildungen, welche bei St. Gallen eine Mächtigkeit von etwa 200 m erlangen (s. Profil VI), und den Beweis liefern, dass das Molassemeer im südlichen Teile des Molassebeckens noch eine geraume Zeit fortexistiert hat. Wir treffen da besonders die blauen Mergelschichten, welche ... den feinen Schlamm des Meeresbodens ... darstellen. Da wimmelt es von Millionen von Conchylien ..., keine Strömung scheint ihr ... Leben in der Tiefe gestört zu haben, denn die Muscheln findet man mit noch vereinigten und geschlossenen Schalen, alles unverletzt.»

Neubearbeitung
Naef Henry (2015) : Die Geothermie-Tiefbohrung St. Gallen GT-1. Ber. St. Gallischen Naturw. Ges. 92, 359-392
Wichtige Publikationen
Miller Konrad (1877) : Das Molassemeer in der Bodenseegegend. Schr. Ver. Gesch. Bodensee 7 (1875/1877), 160 S.
Keller Beat (1987) : Lithostratigraphische Gliederung der Oberen Meeresmolasse. Abstract Jahresvers. / Mitt. SGG, Luzern
Habicht J. K. A. (1987) : Schweizerisches Mittelland (Molasse). Internationales Stratigraphisches Lexikon Vol.1 Fasc.7b
  • «Obere Grenznagelfluh» (OGN)

    Rang
    lithostratigraphische Einheit
    Status
    inkorrekter Begriff (jedoch informell gebraucht)
    Kurzbeschreibung

    Bunte (Kalk-)Nagelfluh im Dach der St.-Gallen-Formation. Lokal mit Plattensandstein und Mergel.

    Age
    Burdigalien
    • «Cardienbank»

      Name Origin

      Namengebendes Fossil: Muschelgattung Cardium.

      Rang
      lithostratigraphische Bank
      Status
      lokaler Begriff (informell)
      Kurzbeschreibung

      Fossilführende marine Sandsteine im unteren Teil der «Obere Grenznagelfluh» (St.-Gallen-Fm.).

    • Goldbrunnen-Schichten

      Name Origin

      Goldbrunnen (SG) bei St. Fiden

      Rang
      lithostratigraphische Bank
      Status
      lokaler Begriff (informell)
      Kurzbeschreibung
      Schiefermergel und Plattensandsteine im Dach der St.-Gallen-Formation, die ein laterales Äquivalent der Oberen Grenznagelfluh darstellen.
      Age
      Burdigalien
  • Limnischer Horizont (OMM-II)

    Rang
    lithostratigraphische Bank
    Status
    inkorrekter Begriff (jedoch informell gebraucht)
    Kurzbeschreibung
    Lithologisch und faziell sehr stark variabler, limnischer Einschub im höheren Teil der marinen St.-Gallen-Formation, der an verschiedenen Orten stets in vergleichbarer stratigraphischer Position vorkommt. Der limnische Einschub liegt als stark mergeliger bis kalkiger oder dunkelgrauer, mergelig-feindetritischer Horizont vor. Meist handelt es sich jedoch um Aufarbeitungslagen z.T. mit alpinen Geröllen und sehr vielen Schlammsteingeröllen. Gelegentlich treten Calicheknöllchen auf.
    Age
    Burdigalien
  • «Obere Plattensandsteine»

    Rang
    lithostratigraphische Einheit
    Status
    informeller Begriff
    Kurzbeschreibung

    Plattensandstein des oberen Teils der St.-Gallen-Formation, oft von blaugrauen Mergeln begleitet.

  • Dreilinden-Nagelfluh

    Name Origin

    Dreilinden (SG), Geländerippe südlich St. Gallen (N-Hang des Freudenbergs)

    Rang
    lithostratigraphische Einheit
    Status
    informeller Begriff
    Kurzbeschreibung

    Bunte Nagelfluh der Hörnli-Schüttung im mittleren Teils der St.-Gallen-Formation, lokal fossilführend oder mit Plattensandsteinlagen.

    Age
    Burdigalien
  • «Quarzitnagelfluh»

    Rang
    lithostratigraphisches Member (Subformation)
    Status
    informeller Begriff
    Kurzbeschreibung

    Komplex aus einzelnen oder mehreren amalgamierten, meist sehr schlecht sortierten, sandig gebundenen, massigen Konglomeratlagen der Napf-Schüttung, die z.T. von gelblich-grauem, teils knauerigem, häufig Gerölle-führendem Sandstein unterbrochen sind. Gelegentlich ist eine grossmassstäbliche Schrägschichtung zu erkennen. Die Gerölle erreichen Durchmesser von wenigen cm bis 50 cm, wobei grüne Quarzitgerölle, wie auch beim konglomeratischen Typ des Staffelbach-Grobsandsteins, am häufigsten auftreten. Selten führt die Quarzitnagelfluh Austern.

    Age
    Burdigalien
  • «Zone der Schiefermergel»

    Rang
    lithostratigraphische Einheit
    Status
    informeller Begriff
    Kurzbeschreibung

    Monotone Wechselfolge von wenigen mm dicken Sandstein- und Mergellagen im unteren Teil der St.-Gallen-Formation. Lokal mit Plattensandsteinen, Fossilhorizonten (Turritellen, Pecten) oder einzelnen Geröllschnüren.

  • Gitzigrabe-Grobsandstein

    Name Origin

    Gitzigrabe (BE), SE Wynigen

    Rang
    lithostratigraphische Bank
    Status
    lokaler Begriff (informell)
    Kurzbeschreibung

    Lokale basale grobsandige Ausbildung der St-Gallen-Formation (mit hohen Anteil grünlicher Quarzitgerölle).

    Age
    Burdigalien
  • Freudenberg-Nagelfluh

    Name Origin

    Freudenberg (SG), Anhöhe südlich der Stadt St. Gallen.

    Rang
    lithostratigraphische Einheit
    Status
    informeller Begriff
    Kurzbeschreibung

    Kalknagelfluh der Hörnli-Schüttung an der Basis der St.-Gallen-Formation im Typusgebiet. Plattensandstein oder grauer Mergel treten manchmal an der Basis vor. Lokal besitzt die Freudenberg-Nagelfluh ausgesprochenen Seelaffe-Charakter (= Muschelnagelfluh).

    Age
    Burdigalien
  • Staffelbach-Grobsandstein

    Name Origin

    Staffelbach-Böl (AG)

    Rang
    lithostratigraphische Bank
    Status
    gültiger formeller Begriff
    Kurzbeschreibung
    Lokaler Leithorizont aus grobkörnigem, locker gelagertem bis hartem, teilweise kiesigem Sandstein mit zahlreichen alpinen Geröllen und Schlammsteingeröllen, welcher die Basis der St.-Gallen-Formation (OMM-II) bildet. Der Staffelbach-Grobsandstein ist lokal teilweise auch als Konglomerat ausgebildet. Häufigste Gerölle sind grüne Quarzite, eigentlich Arkosen mit chloritisch-serizitischer Matrix, die aus dem Verrucano stammen dürften. Immer wieder treten umgelagerte, stark verwitterte inkohlte und pyritisierte Holzreste auf.
    Age
    Burdigalien
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