Bunte Rigi-Nagelfluh

Darstellung und Status

Index
o3R
Farbe CMYK
(0%,21%,45%,25%)
Farbe RGB
R: 190 G: 150 B: 105
Rang
lithostratigraphisches Member (Subformation)
Gebrauch
Element ist in Gebrauch
Status
informeller Begriff

Nomenklatur

Deutsch
Bunte Rigi-Nagelfluh
Français
Poudingue de la Rigi
Italiano
Conglomerato della Rigi
English
Variegated Rigi Conglomerate
Herkunft des Namens

Rigi (SZ) sowie Erstauftreten von Kristallin-Gerölle (insb. roter Granit)

Historische Varianten

polygene Nagelfluh = Riginagelfluh (Baumberger 1925a), Bunte Rigi-Nagelfluh (Baumberger 1929, Hantke 2006, Bl. Ibergeregg), polygene Riginagelfluh (Füchtbauer 1964), Bunte Serie s.str. (Stürm 1973, Frei 1979), Bunte Rigi Nagelfluh (Schlunegger 1995)

Nomenklatorische Bemerkungen

Auf Atlasblatt 116 Rigi wurden die Bunte Rigi-Nagelfluh der Rigi-Formation und die hangende Scheidegg-Nagelfluh zusammengefasst und mit derselben Grundfarbe dargestellt. Die graphische Unterscheidung zwischen Bunter Rigi Nagelfluh und hangender Scheidegg-Nagelfluh erfolgt durch die verschiedenartige Darstellung der Konglomeratbänke.

Beschreibung

Beschreibung

Geröllspektrum: Kristallingesteine (überwiegend hellroter Rigi-Granit), Mocausa-Konglomerat, Radiolarit-Aptychenkalk-Gruppe, Flyschgerölle. Schwerminerale: Zirkon (Stürm 1973).

„Die Bunte Rigi-Nagelfluh (Schlunegger 1995) ist eine Wechsellagerung von Kristallin führender Kalk-Dolomit-Nagelfluh mit Mergel und Sandstein; der Kristallinanteil der Gerölle schwankt zwischen 5 und 20%. Gerölle von Mocausa-Konglomerat zeigen mit bis 16% ihre grösste Verbreitung. Die Radiolarit-Aptychenkalk-Gruppe ist mit bis 15% gut vertreten. Flyschgerölle machen bis 45 % aus. Bei den psammitischen Vertretern sind zwei Typen zu unterscheiden:

–  Aus östlichen Äquivalenten der Simmen-Decken stammende, Spinell führende Flyschkalksandsteine,

– Spinellfreie, granatreiche und Glaukonit führende Flyschkalk­sandsteine aus nordpenninischen Räumen. Dolomitgerölle treten nur untergeordnet auf. Im Leichtmineralinhalt zeichnet sich eine Feldspatführung ab.

Die Zusammensetzung der Bunten Rigi-Nagelfluh geht schon aus Geröllzählungen von Renz (1937) vom Rigi Kulm und Speck (1953) von Goldau (Bergsturzgut) hervor.

Bei den Kristallingeröllen überwiegen typische Rigi-Granite mit hellrotem Feldspat, Quarz und Biotiten. Daneben treten rötliche Granitporphyre, graue und rotbraune Quarzporphyre auf, bei Metamorphiten: Glimmerschiefer, -quarzite, Zweiglimmer-Augengneise und feinflaserige Biotit-Serizit-Gneise, lokal rote Granitbrekzien und Arkosesandsteine. Die Kristallingerölle stammen von einem Grundgebirge, das noch in stratigraphischem Verband mit dem Mesozoikum der Simmen-Decke (Speck 1953) bzw. eines östlichen Äquivalents stand (Müller 1971).

Bei den Triasgesteinen herrschen graugelbe, bituminöse Dolomite vor; daneben finden sich Dolomitbrekzien. Aus dem Lias stammen Fleckenkalke mit Ammoniten, einem Dactylioceras sp. (Naturmuseum Luzern) und einem Asteroceras sp. (Sammlung J. Gasser, Seewen), Brekzien und rote Kalke. Oberjurassisch sind: rote, grüne und braune Radiolarite und Klippenmalm, kretazisch: Aptychenkalke, Tristel-Kalke, Spatkalke und Mocausa-Konglomerate und -Brekzien, die schon De Saussure (1796) bekannt waren. Es sind kleingeröllige, polymikte Gesteine mit Kalk-, Dolomit- und Hornsteinkomponenten mit kalkigem, zuweilen roterdigem Bindemittel. Daneben kommen Aptychenkalke, Radiolarite, Fleckenkalke, dunkle Kieselkalke und rote Granite der Rigi-Nagelfluh vor. Im Mocausa-Flyschmeer ist auch Kristallin-Schutt umgelagert worden. Die Konglomerate der Bunten Rigi-Nagelfluh mit Geröllen von Aptychenkalk, Radiolarit, Haupt­dolomit  und Rigi-Granit sind identisch mit Flyschkonglomeraten vom Typ Mocausa der Westschweizer Simmen-Decke. Gerölle von 20–25 cm deuten auf Alpenrandnähe der Parental-Abfolge hin; dies unterstreicht auch das von Speck (1953; Taf. 6) und Vogel & Hantke (1989, Abb. 4) abgebildete «Mocausa-Riesengeröll» von 35 m³ östlich von Vitznau (Koord. 679.875/207.250/610).

An Flyschgeröllen sind vertreten: jungkretazische Sandsteine, Sandkalke, Kieselkalke und Mergelkalke, dunkelgrüne Ölquarzite und nordpenninische Schlieren-Sandsteine.“ [Hantke 2006 S.24]

Mächtigkeit
Ca. 650 m (Stürm 1973) ; 1'100 - 1'400 m (Hantke 2006).

Komponenten

Fossilien
  • Holz
  • Spurenfossilien
  • Blätter
  • Pflanzen : Plantae

Bräm (1954) entdeckte im Rossberg-Bergsturzgebiet (Goldauer Bergsturz) wiederholt fossile Fährten, an einem Sturzblock unterhalb der Abbruchstelle Eindrücke eines dreistrahligen Perissodactylen, eines Rhinocerinen und Trittsiegel eines Artiodactylen, eines Anthracotheriden, möglicherweise von Elomeryx borbonicus (Gervais), auf einem Sandsteinblock Trittsiegel eines weiteren dreistrahligen Vertreters, wohl eines Tapirs, und die Spur eines kleineren Paarhufers, eines Traguliden oder Cerviden (vgl. auch Furrer et al. 2002). Fast zuoberst an der östlichen Abbruchwand beobachtete Bräm (1954) Fährten von Regenpfeifer oder Kranich. Doppeltritte von dreistrahligen Abdrücken stammen von einem hüpfenden, sperlingsgrossen Vogel. Eine weitere Platte lieferte Fährten einer kleinen Schildkröte, von Clemmys sp. oder Emy sp.

An Pflanzenfunden sind überliefert (Hantke 1991): Sphagnum sp. (Torfmoos), Taxodium sp. (Sumpfzypresse), Liquidambar europaea, Alnus sp. (Erle), Salix sp., Chamaerops helvetica (Zwerg-Fächerpalme), Carya heeri (Hickory), Pterocarya (Flügelnuss), Cyclocarya und Engelhardia sp. (beides Walnuss-Gewächse).

1999 entdeckte T. Reichlin in der östlichen Abbruchwand des Goldauer Bergsturzes zwischen Kote 1443 und 1550 m ganze, noch aufrecht im Sediment stehende Baumstrünke von ?Taxodium sp., die in einer Schlicklage eines ehemaligen Flusses gewurzelt hatten (in Furrer et al. 2003).

Hierarchie und Abfolge

Obergrenze

Die Obergrenze ist durch das erstmalige Einsetzen von reiner Flysch-Nagelfluh definiert.

Untergrenze

Die Liegendgrenze zur Radiolaritreichen Nagelfluh wird mit dem ersten Einsetzen des Kristallins (roter Rigi-Granit) gezogen. Dazu hoher Zirkon- und Feldspat-Gehalt, sowie niedriger Spinell-Gehalt.

Stratigraphische Diskussion

Die Kristallingerölle der Bunten Rigi-Nagelfluh stammen von einem Grundgebirge, das noch in stratigraphischem Verband mit dem Mesozoikum der Simmen-Decke (Speck 1953) bzw. eines östlichen Äquivalents stand (Müller 1971).

Bei den psammitischen Vertretern der Flyschgerölle sind zwei Typen zu unterscheiden: Aus östlichen Äquivalenten der Simmen-Decken stammende, Spinell-führende Flyschkalksandsteine, und Spinellfreie, granatreiche und Glaukonit-führende Flyschkalksandsteine aus nordpenninischen Räumen.

Die Konglomerate der Bunten Rigi-Nagelfluh sind identisch mit Flyschkonglomeraten vom Typ Mocausa der Westschweizer Simmen-Decke. Gerölle von 20 - 25 cm deuten auf Alpenrandnähe der Parental-Abfolge hin.

Alter

Alter Top
  • spätes Oligozän
Alter Basis
  • spätes Oligozän

Geografie

Typusregion
Rigi (LU/SZ).

Paläogeografie und Tektonik

  • USM-I
Paläogeografie
Nordalpines Vorlandbecken
Tektonische Einheit (bzw. Überbegriff)
Herkunftstyp
  • sedimentär
Bildungsbedingungen

Herkunft: hauptsächlich penninische und ostalpine Decken (Karbonate + rote Granite), sowie nord- und südpenninische Flysch (Speck 1953, Trümpy & Bersier 1954, Gasser 1968, Müller 1971, Stürm 1973).

Metamorphose
unmetamorph

Referenzen

Erstdefinition
Schlunegger Fritz (1995) : Magnetostratigraphie und fazielle Entwicklung der Unteren Süsswassermolasse zwischen Aare und Limmat. Inauguraldissertation Universität Bern, 185 S.
Neubearbeitung
Habicht J. K. A. (1987) : Schweizerisches Mittelland (Molasse). Internationales Stratigraphisches Lexikon Vol.1 Fasc.7b

BUNTE SERIE (RIGI-SCHUTTFÄCHER ; USM ; «Chattien») Stürm, B. (1973): Die Rigischüttung. Sedimentpetrographie, Sedimentologie, Paläogeographie, Tektonik. - Diss. Univ. Zürich, p.52. Originalzitat: «Die Bunte Serie s.l. beginnt mit dem Kristallin-Einsatz und reicht bis ins Dach der Rigi-Hauptschuppe. ... Die Bunte Serie s.str. besteht durchgehend aus «bunter» Nagelfluh. Ihre Untergrenze fällt mit derjenigen der Bunten Serie s.l. zusammen. Die Obergrenze ist durch den erstmaligen Einsatz von «Scheidegg»-Nagelfluhen definiert.» Synonyma: Bunte Nagelfluh Studer 1853a: 364, Bunte Nagelfluh Kaufmann 1860: 70 (= Bunte Serie s.str.), Bunte Rigi-Rossberg-Nagelfluh Speck 1953: 67 ( = Bunte Serie s.str:). Typlokalität und Typprofil: Ein Typusprofil ist nicht festgelegt. Gute Referenzprofile sind Stürm's Kolonnenproflle A, B/Z und V (Stürm 1973: Fig. 1, 2,14). Lithologie: Die untersten 100 - 150 m der Bunten Serie s.L stehen in der Zusammensetzung zwischen dem Normaltypus der >>> Radiolarit-Nagelfluh und der Bunten Nagelfluh. Die obere Hälfte der Bunten Serie s.l. liegt geröllpetrographisch in zwei verschiedenen Ausbildungen vor: Die Bunte Serie s.str. (die eigentliche «bunte Rigi-Nagelfluh») und die Scheidegg-Serie, eine Wechsellagerung von Nagelfluhen vom Typus Scheidegg, bunten Nagelfluhen und z.T. beträchtlichen Mergel-Einschaltungen. Die Nagelfluh der Bunten Serie s.str. (80- und über 90% der Gesamtmächtigkeit) ist eine Kristallin-führende Kalk-Dolomit-Nagelfluh mit roten Graniten und Mocausa-Konglomeraten als wichtigen Leitgeröllen. Ophiolite fehlen praktisch ganz. Flyschgesteine können bis 45 % des Gesamtbestandes ausmachen. Die Nagelfluh des Typus Scheidegg ist dagegen eine reine Flysch-Nagelfluh. Hauptbestandteil mit Anteilen von über 60% bilden graue Glaukonit-führende Sandkalke bis Kalksandsteine. Die Nagelfluhen der oberen Bunten Serie s.str. und der Scheidegg-Serie sind sehr grobblockig (Gerölle von 60 - 70 cm nicht selten, zwischen Dessen und Vitznauerstock bis über 1 m), schlecht gerundet und unsortiert, was auf einen kurzen Transportweg schliessen lässt. In schichtparalleler Richtung nimmt die mittlere und maximale Geröllgrösse der Bunten Serie s.str. sehr deutlich von S nach N, d.h. gegen das Vorland hin, ab. Bei den Leichtmineralien zeichnet sich die Bunte Serie s.L durch ihren Feldspat-Gehalt aus. Der Feldspat-Einsatz erfolgt im Übergang Radiolaritreiche Serie/Bunte Serie. Von den Schwermineralien ist in der Bunten Serie s.str. der Spinell relativ häufig, was auf ein Einzugsgebiet aus internen Flyschtrögen schliessen lässt (Gasser 1968: 295). Dieses Mineral fehlt den Nagelfluhen vom Typ Scheidegg, was unter Berücksichtigung des Geröll-Bestandes auf ein ultrahelvetisches-nordpenninisches, also externes, Einzugsgebiet hindeutet. Mächtigkeit: Die Gesamtmächtigkeit der Bunten Serie s.L ist maximal 1400 m. Davon umfasst die Scheidegg-Serie die obersten 750 m. Stratigraphischer Verband: Liegendes der Bunten Serie s.str. >>> Radiolaritreiche Nagelfluh; Hangendes: Scheidegg-Serie. Östlich vom Dossen verzahnt sich der obere Teil der Bunten Serie s.str. mit der Scheidegg-Serie. Verbreitung, Fazies und Paläogeögraphie: Nach Westen hin erstreckt sich die Bunte Serie s.l. nicht über den Vierwaldstattersee hinaus. Gegen Osten zu lässt sie sich noch bis in die Gegend östlich von Einsiedeln verfolgen. Die von H. P. Müller (1971: 93) als eigenständiges System postulierte Friherrenberg-Schüttung unterscheidet sich nur unwesentlich von den Nagelfluhen der Bunten Serie s.str. Bemerkenswert ist der geringere Anteil der Radiolarite, sowie der geringere Flyschanteil. Hingegen ist der Anteil der für das Rigi-Gebiet so typischen roten Granite im Gebiet von Einsiedeln und in den konglomeratischen Ausläufern östlich des Sihl-sees noch ebenso hoch wie weiter westlich, und auch die Mocausa-Konglomerate sind im Einsiedlergebiet noch gut vertreten. Kleingeröllige Konglomerate vom bunten Rigi-Typus und davon abgeleitete, dem >>> granitiseben Sandstein ähnliche Sandsteine mit roten Feldspäten sind auch weiter östlich, auf dem Gebiet des LK-Blattes 1133 Linthebene, noch ggt vertreten: An der Pfiffegg, in einer 1100 - 1200 m mächtigen Zone mit Geröllschnüren, welche rote Granite führen (ochsner 1935: 650). Weiter nach Osten hin verzahnt sich diese Zone unter Mächtigkeitsabnahme mit den Nagelfluhen des >>> Speer-Schuttfä-chers (ochsner 1935: 651). Östlich der Linth bis ins Necker- und Urn-äschgebiet (LK-Blatt 1114 Nesslau) enthalten die >>> Ebnater Schichten und >>> Wintersberg-Schichten noch einige Bänke granitischen Sandsteins für die nach Habicht (1945a: 74) eine Ableitung von der bunten Rigi-Nagelfluh in Betracht zu ziehen ist. Aufgrund der Verbreitung der Blockgerölle kommt Stürm (1973: 63) zum Schluss, dass das Zentrum des Rigi-Schuttfachers zur Zeit der Bunten Serie s.str. im Bereich zwischen Dossen und Vitznauerstock oder südlich davon zu suchen ist. Von hier aus wurden die Schotter in bevorzugter nördlicher bis nordöstlicher Richtung während sintflutartigen Überschwemmungsphasen weiter getragen. Jede solche Phase führte zu Erosionsrinnen, woraus auf fluvio-terrestrisches Ablagerungsmilieu geschlossen wird. Im alpinen Hinterland der Bunten Serie s.str. griff die Erosion in südpenninische Einheiten hinunter, im Speziellen in die Simmendecke, die vielleicht die Radiolarite und später grosse Mengen von Kreideflysch und möglicherweise die charakteristischen roten Granite geliefert hat. Im Gegensatz zu der Bunten Serie s.str. wurden die reinen Flyschnagelfluhen von lokalen Zentren aus geschüttet, von denen eines südöstlich von Rigi-Scheidegg, weitere SE Spiegelberg (LK-Blatt 1151 Rigi und LK-Blatt 1152 Ibergeregg) und S Sattelegg (LK-Blatt 1132 Einsiedeln) angenommen werden. Als Einzugsgebiet dieser Nagelfluhen vom Typus Rigi-Scheidegg wird eine rasch sich hebende Flysch-Randkette ultrahelvetischer bis nord-penninischer Provenienz angenommen. Fossilführung und Alter: Aufgrund der von der Fundstelle Gnipen nördlich Goldau bestimmten Landschnecken wird für die Bunte Serie s.str. auf chattisches Alter geschlossen (ausführliche Fossilliste bei Baumberger 1929: 303-305). Dieselbe Fundstelle hat eine Flora der Neogen-Zone I geliefert, ebenso die stratigraphisch ca. 150 m tiefer gelegene Fundstelle Brand-Ochsenboden und die Fundstelle Rinderweidhorn (HocHULil978:35)."

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